Viele von euch werden es ja schon mitbekommen haben: Ich leihe meinen Blog gerne an Gäste aus, speziell um auch deren Themen und Ansichten eine Plattform zu geben.
Heute: Björn Torwellen! Ja genau, der Björn Torwellen der mit seinem Album Metacollapse gerade in aller Munde ist. Ich hoffe nur mit seinem Album. Ihr versteht schon. Knick Knack und so. Diesen Eintopf voll Kicks, Hihats und Claps könnt ihr euch hier shoppen: http://www.beatport.com/release/metacollapse/1186533
Wie immer distanziere ich mich von Rechtschreibfehlern, kritischen Aussagen und allen anderen Dingen die eure Anwälte hier entdecken könnten.
Früher war alles besser?
„Pfoar, über-krass, was geht denn hier ab!?“ sagte ich, rückte meine Hose zurecht, schaute mich um. Dieser erste verdammte Moment. Die erste Techno Party. Das erste Teil. Wahnsinn. Nun, das ist fast 15 Jahre her. Inzwischen bin ich ein relativ erfolgreicher Techno DJ. Und es hat sich viel verändert.
Früher, eingeschlossen in einer Dachgeschoss Wohnung, zwei 1210er, ne Kiste voller Platten und immer eine volle Hütte. Sich zu unterhalten war eigentlich kaum möglich. Denn die Musik die aus dem Lautsprecher brüllte, übertönte alles. Sogar das Gekreische meiner Nachbarin. In der Woche wurde Techno gemacht, am Wochenende wurde Techno zelebriert. Selbstzerstörerisch und immer nach vorne. Im Hier und jetzt. Die Drogen gehörten zum guten Ton. Das triste Kleinstadtleben bietet ja auch kaum Alternativen. Aber eben gute Drogen. Gelbe Gabba-Tönnchen, Rauten, Spiralen. Das waren unsere Helden. Dazu Techno. Auf Partys wurde mehr Zeit auf der Toilette verbracht als auf der Tanze. Spitznamen wie Staubsauger Schulze zementierten den Techno Lifestyle dann lebenslang und endgültig. Es war eine wilde Zeit, oh ja, das war es. Im roten alten Golf über die Landstraßen, von Club zur After, von der After zum Dealer und wieder zur After. Mittwochs ging es los, geschlafen wurde dann Montags. Zeit für arbeiten blieb da nicht. Natürlich hat man sich weiter entwickelt. Los ging es mit eigenen kleinen Partys in irgendwelchen Wohnungen. Später dann im kleinen Club um die Ecke. Man wurde DJ. Saugte alles auf was mit Techno zu tun hatte. Bestellte Vinyls, fuhr Kilometerweit um in einem Plattenladen zu gehen. Man kante jedes Label, jeden Artist. Die Rückseiten der Platten waren eine tägliche Lektüre. Wo andere sich zum Fußball spielen getroffen haben, trafen wir uns zum gemeinsamen Auflegen.
Das Veranstalten von Partys wurde so was von semiprofessionell. Wir klebten Plakate an Bushaltestellen, wir buchten DJs, und ja, sogar wir wurden hin und wieder mal auf ebenso semiprofesionelle Events geholt. Leben konnte man davon nicht. Dafür konnte man sich aber ganz gut verschulden. Das war aber egal. Es ging um den Techno. Wir wussten, wir machen weiter. Denn es kam vom Herzen. (kommt auf die Leiter…jaja..blabla)
So verstrichen die Jahre. Irgendwann wurden die Leute älter, die Szene brach weg, der Club um die Ecke schloss für immer. Man könnte fast sagen, es hat mir den Boden unter den Füßen weggerissen. Etwas orientierungslos ging es dann aber weiter. Es gab da einiges Nachzuholen. Schulabschluss, Ausbildung. Techno wurde Minimal. Und Minimal mochte ich nicht. Von den Leuten mit denen ich früher Musik machte und abhing ist heute keiner mehr aktiv. Einige sind sogar unter der Erde. Warum, muss ich euch nicht sagen, oder?
Heute blicke ich auf diese Zeit sehr gerne zurück. Jeder kennt die Storys von mir die ich gerne auf Afterhours erzähle. Ich möchte nicht sagen es war die beste Zeit meines Lebens. Denn damit würde ich ausschließen dass ich jetzt die beste Zeit meines Lebens habe. Es geht hier auch nicht darum wie ich zu meinem Erfolg gekommen bin. Fakt ist, das ich heute von dieser ganzen Sache ganz gut lebe. Dass ich anfange mein Leben richtig zu lieben. Und man fängt an bestimmte Dinge zu subtrahieren. Zuerst die Afterhours, dann die Drogen. Man wird sesshaft. Aus der Dachgeschoss Wohnung mit Poco-Sperrholz wird ein gemütliches Nest. Eine feste Freundin. Ein aufgeräumter Keller. Ein Besuch im Tapetenfachgeschäft. Ziemlich spießig. Aus einem Hobby wird eine Berufung mit seriöser Professionalität. Und genau das wirkt auf einige Leute arrogant. Ich werde gebucht und bezahlt um Musik zu machen. Um den Leuten auf der Tanze das zu verpassen was ich Jahre lang selber bekommen habe. Ne anständige Technoklatsche. Manchmal komme ich eine Stunde vor meinem Gig auf die Party, baue meinen Kram auf und haue danach wieder ab. Ins Hotel. Ich kenne niemanden dort, es ist Party Nr .82333 – ich bin nüchtern. Ich habe noch eine Reise vor mir oder war am Tag davor schon unterwegs. Oder ich muss am nächsten Tag noch mal ran. „Oh, der ist abgehoben“ heißt es da hin und wieder, von der neuen Techno Generation. Das gleiche habe ich damals auch gesagt. Nun verstehe ich es. Ich liebe Techno. Ich liebe es aufzulegen. Dafür Lebe ich. Wirklich. Und ich kann mich derzeit so gut in meiner Musik ausleben wie je zuvor. Und dafür bin ich sehr dankbar. Ich weiß das wirklich zu schätzen. Und ich habe es EUCH, der Community zu verdanken. Aber um das ganze noch viele, viele Jahre zu machen, muss man halt mal kürzer treten. Natürlich lasse ich es hin und wieder mal ordentlich krachen. Totale Abstinenz erscheint mir eher sinnlos. Aber wenn ich dann mal wieder von einem jungen, frischen Raver höre: „Der ist ja gar nicht Techno alda“ Kann ich eigentlich nur schmunzeln. In diesem Sinne… Übertreibt es nicht! 😉